HR Werkstatt der Personalwirtschaft: So kann Kunst im Coaching unterstützen
- Dr. Friederike Redlbacher
- 5. Jan. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Feb.
Wöchentlich werden im Format HR-Werkstatt des Fachmagazins Personalwirtschaft Beiträge zu verschiedensten Personalthemen veröffentlicht. Der Beitrag startet immer mit einer Frage und ist sehr praxisnah angelegt.
Die Frage, die an mich gestellt wurde, lautete: Wie kann Kunst im Coaching unterstützen?
Im Artikel beschreibe ich z.B. wie wir durch den Einsatz von Kunstwerken mit Tiersymbolik im KI-gestützten Coaching unbewusste Prozesse zugänglich machen und individuelle Potenziale entfalten. Es ist ein Artikel für HR-Professionals, die bereit sind, die Grenzen des traditionellen Coachings zu erweitern und innovative Ansätze in ihre Praxis zu integrieren.
Viel Freude beim Lesen!
Frage der HR-Werkstatt: Wie kann Kunst im Coaching unterstützen? Es antwortet, Dr. Friederike Redlbacher, Geschäftsführerin der Symbolon AG:
Kunst wäscht nicht nur – wie Pablo Picasso sagte – den Staub des Alltags von der Seele, sondern öffnet das Denken und ermöglicht berufliche Potenzialentfaltung. So kann die Kombination von Kunst und KI bei der Personalentwicklung unterstützen – insbesondere im Coaching. Das zeigt ein Projekt der Symbolon AG in Kooperation mit dem Deutschen Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz.
Bilder unterstützen beim Reflektieren
Das neu entwickelte Symbolon KI-Coaching-Tool nutzt ein Kunstwerk mit Tiersymbolik, um im Reflexionsprozess zwischen der Gefühls- und Denkwelt zu vermitteln. Das Bild dient als Übersetzer zwischen der bewussten und unbewussten Ebene. Die Forschung zeigt, dass nur etwa 20 Prozent einer Entscheidungsfindung im (Berufs)Alltag rational zu erklären sind. Zu 80 Prozent werden Entscheidungen unterbewusst beziehungsweise aus einem Bauchgefühl heraus getroffen. Oft wird hier der schwimmende Eisberg als Erklärungsmodell herangezogen. Die Metapher verdeutlicht, dass Bereiche unter der Oberfläche spürbar und einflussreich sind, auch wenn sie nicht sichtbar sind. Kunst kann dabei helfen, diese Eisbergstruktur unter der Oberfläche auszuleuchten.
Im KI-gestützten Symbolon Selbst-Coaching wählt die oder der Coachee intuitiv zwei von den 14 gemalten Tieren. Eines als Symbol für ihre oder seine Ist-Situation und eines für ihre oder seine Zukunfts-Situation. Anschließend fragt der KI-Chatbot nach den Assoziationen zu den Tieren. Dann lädt der KI-Chatbot ein, die spontanen Gedanken auf die aktuelle Arbeitssituation und das Coachinganliegen zu übertragen. Beim Hineinspüren in das Tier werden dem Coachee Bedürfnisse, Wünsche und Überzeugungen deutlich.
Ein Coachee hat beispielsweise als Problem definiert, dass er ein ihm wichtiges Thema immer wieder verschiebt und es nicht angeht. Als Tier für die Ist-Situation hat er das Warzenschwein ausgewählt. In seiner Fantasie fällt es dem Warzenschwein schwer an Themen dranzubleiben und diese zu finalisieren. Übertragen auf sich und seine Arbeitssituation, wird ihm im Coaching bewusst, dass er viel öfter Nein zu Anfragen anderer sagen müsste, um sich auf den Abschluss eigener Themen zu fokussieren. In der Reflexion erkennt er, dass er für sich passende Rahmenbedingungen setzen muss, damit er mit dem wichtigen Thema anfängt. Er nimmt wahr, dass es ihm helfen würde, sich mit anderen, die ähnliches vor haben, zu vernetzen. Als Tier für die Ziel-Situation wählt er den Löwen. Er will für sich und seine Ziele in Führung gehen und sich anderen gegenüber durchsetzen. Als konkrete Maßnahmen nimmt er sich vor, eine Arbeitsgruppe zu gründen und einen Zeitplan zu erstellen.
Mit den Tierbildern wird ein Mind Opening bewirkt, die oder der Coachee setzt sich mit sich selbst auseinander, reflektiert die Hintergründe und entwickelt neue Wege zur Zielerreichung.
Wann eignet sich der KI-basierte Coaching-Ansatz?
Das KI-basierte Coaching gibt Schub problembehaftete Themen anzugehen und neue Handlungsoptionen zu entwickeln. Der Vorteil beim Dialog mit dem KI-Chatbot liegt vor allem in der Anonymität. Aktuelle Forschung zeigt, dass bei der Ansprache sensibler Inhalte mit anonymen Chatbots Schamhürden sinken. Es fällt Mitarbeitenden dann leichter, delikate oder sensible Jobprobleme zu thematisieren, wenn ihnen kein Mensch gegenüber sitzt, der möglicherweise bewertet.
KI-Coaching eignet sich vor allem zur Lösung alltäglicher Themen, die Energie rauben, weniger zur Beantwortung der ganz großen Fragen. Zur Klärung anspruchsvoller und weitreichender Fragen zum Beispiel zur Karriereentwicklung ist die Begleitung durch professionelle Coaches, die Empathie und Weitsicht mitbringen und auch zwischen den Zeilen lesen können, besser. Für wenig komplexe, aber möglicherweise drängende Themen ist KI-Coaching eine schnelle und budgetschonende Lösung für effiziente Personalentwicklung. Im Sinne eines Blended-Coaching-Ansatzes können KI-Coachings als Impulsgeber auch in länger angelegten Entwicklungsprozessen integriert werden.
Gerade wenn es darum geht, berufliche Fähigkeiten, Ziele und Führungskompetenzen zu entwickeln, um Leistung zu steigern und beruflichen Perspektiven zu verbessern, kann Kunst die Coachingwirkung vertiefen. Durch die Aktivierung der inneren Bilder und den Perspektivenwechsel versteht der Coachee ihre beziehungsweise seine Arbeitssituation neu und umfassender. Über die Bilder und Symbole eröffnet sich der oder dem Coachee ein Raum, der über ihr beziehungsweise sein aktuelles Denken hinaus geht.
Die gezeigte Kunst macht einen Unterschied bezüglich der Bewusstseinsebene, auf der im Coaching gearbeitet wird. Mit Bildern als Vermittler werden unbewusste Aspekte erkannt und integriert. Das ist wichtig, weil das Unbewusste (berufliches) Handeln stärker bestimmt als das Bewusstsein. Kunst macht Unsichtbares sichtbar, wie Paul Klee es bereits treffend formulierte. Und zwar nicht nur auf der Leinwand, sondern auch im KI-gestützten Symbolon Selbst-Coaching.
Dr. Friederike Redlbacher
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